Chronische Misanthropie

Posted by eddy14 - 27/11/09 at 08:11 pm

Jährlich erneut berichte ich davon. Und jährlich erneut ist es ein grausamer Tag.

Ich weiß garnicht, wie ich meinen unmut in Zeilen fassen soll. Es liegen 20€ vor mir auf dem Tisch. Geld, das ich zu diesem Feiertag (das man “Opferfest” schimpft) bekommen habe, obwohl ich mich mündlich dagegen gewehrt habe. Aus Höflichkeit liegt es dann doch auf meinem Tisch. Dreckiges Geld. Blutiges Geld. Erbärmlich, wie ich bin, verstecke ich es hinter dem Teller, aus dem ich zuvor Cornflakes gegessen hatte. Ich will es weder sehen, noch wegschmeissen. Ich könnte es spenden, an Tiere. Aus egoistischer Sicht wäre das reizvoll; ein reines Gewissen für einen kleinen Preis. Aber wer weiß schon, wer das Geld bekommt? Und wofür es ausgegeben wird? Letztenendes ist jeder von uns Machtgeil.

Was denkt ihr, wenn ihr an ein Opferfest denkt? Kommt euch nicht auch das klischeehafte Bild eines Urvolkes in den Sinn, welches Menschen an Masten bindet und es dem Vulkangott zum Speisen opfert ? Zumindest mir kommen diese Gedanken. Ich verbinde es mit primitiven Handlungen, ohne jeglichen Sinn. Irgendwelche Völker die darauf hoffen, dass ein übernatürliches Wesen ganz heiss darauf wartet, dass eines seiner selbst erschaffenen Geschöpfe, für ihn wieder getötet wird. Ist unsere Lebensweise wirklich so unnatürlich geworden, dass wir nach so vielen Jahren immernoch das Opfern in der Kultur festigen, nur um nicht zugeben zu müssen, dass wir als Menschen garnicht mehr in der Lage sind, natürlich zu Leben?

Die Natur möchte von uns als Lebewesen etwas ganz anderes. Es ist weder natürlich zu operieren, noch Computer zu benutzen, noch Bücher zu lesen, noch Kleidung zu tragen, noch Alten- und Behindertenheime zu errichten, noch Menschenrechte einzuführen. Medizin ist nicht “natürlich”. Nichtmal scheissen können wir auf natürliche Weise. Es scheint so, als ob uns die Intelligenz mehr zur Last gefallen ist, als es uns geholfen hat. Vielleicht werden wir uns in naher Zukunft wünschen, uns nicht so sehr entwickelt zu haben. Wie einfach wäre das Leben gewesen, wenn wir nicht versuchten, das Leben zu verstehen, sondern es einfach nur zu leben. Wir sind so irritiert davon, dass wir sogar Selbstmordgedanken haben. Wo sind unsere Selbsterhaltungstriebe ?

So sehr wir auch versuchen der Natur gerecht zu werden, letzendlich leben wir als Menschen doch alle unnatürlich. Und wir sind glücklich damit. Gebt es zu, ihr seid weder “natürlich” noch lebt ihr “naturnah”. Wir haben uns unsere eigene Welt, mit eigenen Regeln kreiert; wir leben danach, und es scheint zu funktionieren.

Dennoch klammern wir uns an Rituale; fragen nicht nach, hinterfragen nicht, suchen nicht, deuten nicht, informieren uns nicht. Wir tun es einfach; weil es jeder tut, weil es immer getan wurde und weil es immer getan wird.

Das gilt nicht nur für das Opferfest.

Nebenan laufen im Fernsehen die türkische Nachrichten. Wieder sind Tiere auf die Straßen gerannt. Schon wieder mussten dutzende erschossen werden.

Vor einigen Jahren, als ich noch zu klein war, um das Gesehene zu deuten, war ich live bei einer Schlachtung dabei. In der Türkei, während der Sommerferien. Meine Familie versteckte sich förmlich im Haus, um das Tier nicht zu sehen, während es aus niederwertigen Gründen ins Gras beissen muss. Zum letzten mal. Jemand fängt das Tier, fesselt es. Während es schreit, und eine Vorahnung zu haben scheint, dass gleich etwas passieren wird, richtet der Schächter das Messer auf, und schneidet einen sauberen Schnitt durch den Hals des Tieres. Gerade war es noch am Leben, hat gefuttert. Jetzt liegt es nur noch da, ohne Kopf. Blut fließt. Man nennt es “dreckiges Blut”. (Erinnert mich ein wenig daran, dass man bis ins 20te Jahrhundert glaube, dass das Menstruationsblut giftig sei.) Was die meisten nicht wissen ist, dass es noch einige Sekunden bei vollem Bewusstsein ist. Was es wohl jetzt denkt?

Es wird gewitzelt, dass das Tiere angeblich zu wenig gegessen hätte, und deswegen nur wenig Fleisch hergebe. Wirklich sehr humorvoll, angesichts der Tatsache, dass hinten ein Schaf ohne Kopf rumliegt.

Aber hey, so barbarisch ist das ganze ja garnicht. Und sinnlos auch nicht. Das Fleisch wird an arme Menschen gespendet. Nur, wieso gerade Fleisch? Wieso nicht etwas, wofür kein Tier sterben muss? Wer kommt auf den skurrilen Gedanken, dass man zwangsweise ein Tier töten muss, um einen Menschen satt zu kriegen? Die Menschen vor 1400 Jahren? Sehr wahrscheinlich!

Es ist nicht zu leugnen, dass Fleisch ein sehr guter Lieferant für sehr viele Vitamine ist. Aber in einer Zeit, in der wir sogar Menschen ohne Beine das Laufen beibringen können, sollten wir da nicht ein Stückchen darüber nachdenken, wieso wir immernoch Tiere essen?

Selbst ein Teil der Pythagoräer (der Satz des Pythagoras sollte jedem ein Begriff sein!) lebte vor rund 2500 Jahren vegetarisch. Sogar diese hatten Probleme mit der damaligen Gesellschaft. Tieropfer waren üblich. Um von der Gesellschaft nicht ausgegrenzt zu werden, war es durchaus erlaubt, dennoch Tiere zu opfern. Die gleichen Probleme habe ich 2500 Jahre später immernoch. Ich sehe hier keine Entwicklung.

Die Leute priesen die Barmherzigkeit Gottes an, wie erbarmungsvoll er doch ist, und wie vergebend. Wo ist seine Liebe für die Tiere? Gelehrte erzählen mir, es wäre die Aufgabe eines Nutztieres, von Gott höchstpersönlich auferlegt, für uns zu sterben. Sie seien stolz darauf….

Wer von uns Menschen würde noch an Gott glauben, wenn dieser einem sagen würde, man würde nur Leben, um am Ende geschlachtet zu werden? Einige ganz sicherlich; man siehts ja an den Selbstmordattentätern, wofür sie alles bereit sind, nur um Gott zu dienen. Benutz deinen Kopf. Du bist nicht lustig, wenn du Witze über die “Körnerfresser” machst. Du bist auch nicht mitfühlend, wenn du behauptest, du könntest kein Fleisch essen, wenn du dem Tier beim Sterben zugesehen hast. Du handelst rassistisch, wenn du deine Katze Zuhause beschützt, und Katzenessende Japaner für Abschaum hälst, aber weiterhin (ohne das Recht dazu) Rindfleisch isst. Und du bist auch nicht einfallsreich, wenn du den Beitrag hier durchliest, und den Kommentar bringst “Ich habe jetzt Lust auf ein Steak”. Das ist einfach nur krank.

Dein Gott ist nicht barmherzig, wenn er dir befiehlt Tiere zu töten. Dein Gott ist nicht allwissend, wenn er nicht weiß, dass man sich heutzutage auch ohne Fleisch ernähren kann.

Du lebst nicht natürlicher, wenn du weiterhin Fleisch isst. Weil dein Leben nicht natürlich ist! Ein Löwe jagt seine Beute selbst, tötet es mit seinen Krallen und Zähnen und verspeist es dann, so wie es ist. Es wird nichts gebraten, nichts desinfiziert und gereinigt. Seine Beute wurde nicht künstlich befruchtet, oder künstlich ernährt. Es wurde nicht in Käfige gesperrt und gezüchtet. Der Löwe ist nicht einmal in der Lage, über sein Handeln nachzudenken! Er kauft sein Essen auch nicht im Supermarkt. Wie kannst du dich für Menschenrechte einsetzen, dich gegen den Rassismus wehren, Delfinessende Japaner verurteilen, aber weiterhin unrechtmäßig Tiere essen?

Die Tiere brauchen keinen Schutz. Sie brauchen Rechte.

Verdammt. Ich hasse uns Menschen. Dass wir so blind sind. So grausam. So egoistisch.

Kommentare sind ausgeschaltet. Ich will nichts davon lesen, dass ihr Biofleisch kauft. So einfach werde ich es euch nicht machen, euer Gewissen zu bereinigen. Es geht hier nicht um euer Karma. Es geht um Unrecht.

*update* Da mich nun doch ein dutzend Leute wegen diesem Beitrag angeschrieben haben, möchte ich einige Misinterpretationen von der Welt räumen: In diesem Beitrag beleidige ich *nicht* die Moslems. Ich übe allerhöchstens Kritik; aber viel eher zeige ich einfach nur, wie ich über dieserlei (Opferfest und weitere) Rituale denke. Ihr könnt mir weiterhin gerne mit der Hölle drohen, das macht mir nichts aus. Desweiteren behaupte ich *nicht* dass der Veganismus eine natürliche Ernährungsweise ist. Viel eher will ich aufzeigen, dass es das eben nicht ist (beispielsweise, da B12 supplementiert werden muss), ABER dass diese Tatsache dennoch keine Rolle spielt. Denn letztenendes leben wir alle kein Stück “natürlich” (ja, darüber kann man wiederum streiten). Ich glaube *nicht* dass der Mensch Pflanzenfresser ist, und es ist mir bewusst, dass der Mensch einen Teil seines heutigen Fortschrittes sicherlich seinem Fleischkonsum zu verdanken hat. Das entschuldigt aber nicht, dass wir weiterhin so leben. Und noch ein letztes: in diesem Blog geht es *nicht* nur um Computersicherheit, sondern auch über meine Gedanken (das sollte denen klar sein, die mich schon länger verfolgen … ein Blick in die Kategorieliste hätte aber auch geholfen!). Ich bitte euch, nicht jeden Satz wörtlich zu nehmen, es ist immer etwas Raum für Interpretationen gelassen.

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